Konzertbericht zur 2. Orgelsoiree: Soli Deo Gloria

Orgelduo 4x4
Bildrechte Ulf J. Froitzheim

Soli Deo Gloria
So möchte ich meinen Gesamteindruck der Orgelsoiree vom 18. Juni 2023 mit dem Orgelduo 4&4 schreiben. Gundula Kretschmar und Walter Erdt, die seit 1995 vierhändig und vierfüßig konzertieren und deren Repertoire sich auf Orgelwerke aus Europa und Amerika vom 16. bis 21. Jahrhundert für Orgel vierhändig und vierfüßig sowie für zwei Tasteninstrumente erstreckt, brachten ein interessantes, ausgewogenes Programm zu Gehör, dass sich zwischen Himmel und Erde von Himmelsmusik bis rauschhaften Kirmesklängen bewegte.

Walter Erdt war von 1992 bis zu seiner Pensionierung 2020 Dekanatskantor an der evangelischen Apostelkirche in Weilheim. Gundula Kretschmar ist seine Nachfolgerin. Es formierte sich das erfolgreiche Duo 4&4, von dem bereits zwei Auftragswerke vergeben wurden, die uraufgeführt und auf drei CDs eingespielt und erworben werden können.

Mit dem brandenburgischen Konzert Nummer zwei, aus dem das Allegro und das Allegro assai erklangen, hatte unsere Orgel gleich ihren großen Auftritt als Königin der Instrumente. Soli Deo Gloria. Die Variationen über „Lobe den Herrn“ des zeitgenössischen Komponisten Michael Burkhardt (geb. 1957) spannten einen eindrucksvollen Bogen vom zarten Wiegenlied anmutenden bis hin zu Turbulenz und Hektik im Straßenverkehr.

Der ebenfalls zeitgenössische Komponist David Briggs (geb. 1962) brachte mit seinen Variationen über „Veni Creator Spiritus“ das inständige Flehen der Welt nach dem Kommen des Schöpfer Geistes. Es ist ein lateinischer Hymnus aus dem 9. Jahrhundert, der Rabanus Maurus zugeschrieben wird und einer der wenigen an die dritte göttliche Person. Der Pfingsthymnus, ein Lied, das die Welt umspannt. Es ist eine feierliche Herabrufung des Heiligen Geistes über die ganze Menschheit und alle Kirchen. Die wörtliche Übersetzung in das Orgelwerk ist dem Komponisten eindrucksvoll gelungen und von den Orgelvirtuosen überzeugend wiedergegeben. „Komm Schöpfer Geist, die Gesinnungen der Deinen besuche; erfülle mit oberer Gnade die Herzen, die du geschaffen hast.“

Der schwedische Komponist Gustav Adolf Mankell (1812-1880) leistete einen wesentlichen Beitrag zum Repertoire für Werke zu vier Händen an der Orgel, die bis dahin eine eher randständige Gattung war. Aus seinen Bearbeitungen für zwei Organisten brachten die Orgelkünstler die Fantasie C -Moll zu Gehör, mit der der Komponist den Klang der Orgel über das hinaus zu heben beabsichtigte, was ein einzelner Musiker nicht zu leisten vermag. Damit verschaffte er schon seinem damaligen Publikum eine gewisse Aura, bei der der Zuhörer nur staunend lauschen und sich ergreifend aus dem Hier und Jetzt erheben lässt.

Christoph Bogen (geb. 1971), der Präsident der Gesellschaft der Orgelfreunde, Komponist etlicher Orgel- und Chorwerke sowie Kirchenmusikdirektor erschuf mit der Toccata ein aufregendes Klangerlebnis, beginnend mit dem anmutenden, lustigen Gegacker von Hühnern auf dem Bauernhof bis hin zum atemberaubenden Inferno – nicht nur vom Klanggeräusch sondern auch bei der Beobachtung der Künstler im Einsatz der vier Hände und vier Füße. Ein virtuoses Inferno!

Den Abschluss dieses beeindruckenden Orgelkonzertes gab die „Sonate Parisienne“ des 1974 geborenen französischen Komponisten Julian Bret. Mit dieser Darbietung schaffte das Orgelduo einen wunderbaren Kontrast. Sie versetzten ihr Publikum in ein Karussell der Leichtigkeit im sorgenfreien Pariser Leben mit seinen Chanson-Variationen und dem Gefühl des schwerelosen Drehens ohne Ende…

Mit der ruhig-zärtlichen Zugabe des Schlafliedes „Guten Abend, gut‘ Nacht“ holten uns die Künstler wieder zurück aus Paris in die Pauluskirche, in der zum Abschluss Pfarrer Nitz tief beeindruckt und beglückt wiedergab, was alle Anwesenden im Kirchenraum erfüllte, die wir uns mit diesem Orgel-Konzerterlebnis eine „Auszeit“ aus dem Alltag mit seinen täglich uns überstülpenden negativen Nachrichten erlaubt haben. „Was hülfe es, wenn der Mensch die ganze Welt gewönne und nehme doch Schaden an seiner Seele?“ Dieser Abend habe uns abschalten lassen und sei Seelsorge für uns selbst! Er dankte den beiden Orgelvirtuosen, die der Orgel einen wahren Klangrausch mit Händen und Füßen entlockt haben und im wahrsten Sinne des Wortes an „unserer Königin der Instrumente“ alle Register gezogen haben. Diesen zutreffenden Worten von Pfarrer Nitz folgte unser langanhaltender Beifall der Begeisterung für die Künstler, die Kraft der Musik - und unsere Orgel!!


Soli Deo Gloria                                        Angelika Reif